14.01.2016

Bitcoin – eine Bestandsaufnahme zum Status Quo in Österreich / #Dossier_Arbeitswelt #18

BlogDossier 2 - ArbeitsweltDossiers

Bitcoin, die digitale Währung, geistert immer wieder durch die Medien. Meistens wird sie dabei mit illegalen Internetforen, Drogenkäufen im „dark web“ und anderen Schlüsselwörtern, die ein ungutes Gefühl auslösen, assoziiert. Mehrfach totgesagt und von vielen als Pyramidenspiel verschrien, geht es hier um einen Überblick über Grundlegendes. Eine kurze Einführung von Iwona Laub findet sich im digitalen Leitfaden.

Was zum Teufel ist Bitcoin?

 

 

Bitcoin_logo

 

Seit geraumer Zeit klingen diese virtuellen Münzen durch das Web, viele haben irgendwann mal davon gehört, was man sich darunter konkret vorstellen soll, bleibt in vielen Fällen ein Rätsel.

Bitcoins sind eine rein digitale Währung (Kryptowährung), die über Peer-to-Peer Technologie dezentral abgewickelt wird. Das heißt, es gibt keine Münzen, die in unserer analogen Welt existieren, Bitcoins gibt es ausschließlich virtuell. Sie werden weltweit gehandelt und haben bis heute vielfache Untergangsprognosen überlebt. Diverseste Finanzexperten nehmen immer wieder das Wort „Bubble“ in den Mund und warnen vor einem Crash der Währung, Betrug oder Pyramidenspiel werden auch gerne im selben Atemzug mit Bitcoin erwähnt.

Bis dato existieren Bitcoins aber froh und munter im binären Raum, auch hierzulande verbreiten sie sich stetig. Im Oktober 2015 hat der EuGH in einem Urteil entschieden, dass Bitcoins nicht der Mehrwertsteuerpflicht unterliegen. Ein weiterer großer Schritt zur Erleichterung des Handels mit der Währung. Die österreichische Nationalbank steht Bitcoin dennoch kritisch gegenüber.

Gerade deshalb lohnt sich nüchterner, faktenorientierter Blick auf die Währung, denn wie jedes andere Zahlungsmittel auch, lässt es sich zwar für Geldwäsche und andere kriminelle Handlungen missbrauchen, der schlechte Ruf der ihm voraneilt, lässt sich aber relativieren.

So betrifft ein Großteil der Finanzskandale und Währungsspekulationen, auch wenn es die ÖNB nicht gerne hört, immer noch, klassische anerkannte Währungen wie Dollar, Euro oder Schweizer Franken. Und man staunt, dass diese Zahlungssysteme sich trotzdem bewährt haben.


(Mit entsprechenden Einstellungen im Player kann man sich das Video mit deutschen Untertiteln ansehen).

Warum also mit Bitcoin bezahlen?

Bitcoin ist unter anderem deshalb so beliebt, weil die virtuelle Bezahlung sich nicht nur relativ einfach abwickeln lässt, auch die Transaktionsgebühren sind niedriger als bei herkömmlichen Kreditkarten. Besonders jüngere UserInnen scheinen davon zu profitieren, da die Formalitäten, die für die Ausstellung einer gängigen Kreditkarte nötig sind, umgangen werden können. Ein Nachteil von Bitcoin sind dabei bisweilen die sehr hohen Kursschwankungen.

Trotz allem ist die Währung praktikabel, durch moderne Verschlüsselungsmechanismen sehr sicher und die Bezahlung mit ihr funktioniert. Selbst die Unterstellung, dass UserInnen damit kriminelle Handlungen tätigen lässt sich so nicht verallgemeinern.

 

Bitcoin in Österreich

Wie verbreitet Bitcoins hierzulande sind, lässt sich nicht so leicht beantworten, da es keine offiziellen Statistiken zu Bitcoin Vermögen in Österreich gibt.

Wer sich dafür interessiert, kann sich jedoch bequem z.B. über Bitcoin-Austria über Bezugsmöglichkeiten informieren. Bitcoin-Austria ist ein Verein, der es sich zum Ziel gesetzt hat, über Bitcoin zu informieren und sich für deren Verbreitung in Österreich einzusetzen. Johannes Grill, Obmann des Vereins, meint über das Potential von Bitcoin: „Auch in Österreich sind einige Bitcoin-Unternehmen entstanden. In Wien und Graz gibt es Bitcoin-„Bankomaten“, wo man unkompliziert Bitcoins kaufen kann. Einkaufen mit Bitcoins klappt mittlerweile in allen Bundesländern. Trotzdem stehen wir erst ganz am Anfang einer spannenden Entwicklung.“

Neben den Bankomaten, die teilweise auch mit Rückkauffunktion ausgestattet sind, findet man diverse Locations, bei denen man mit Bitcoin zahlen kann, z.B. via Coinmap. Auch Unternehmen, die mit Bitcoins handeln haben sich bereits etabliert. Coinfinity ist eines davon. Der Kauf von Bitcoints mit Bargeld funktioniert über sogenannte Bitcoinbons, die etwa auch in Trafiken angeboten werden. Coinimal ist ein weiterer Anbieter von Bitcoins in Österreich.

Wie viele ÖsterreicherInnen tatsächlich Bitcoins verwenden ist schwer einzuschätzen. Johannes Grill dazu: „Ich vermute, dass wir in Österreich ein paar Tausend Bitcoin-User haben, also Menschen, die Bitcoin zumindest schon mal ausprobiert haben. Derzeit gibt es weltweit etwa 1500 Konten, auf denen mehr als 1000 Bitcoins liegen. Ich hoffe, dass es auch in unserem Land ein paar Leute gibt, die dank Bitcoin zu Millionären wurden.“

Bitcoins geht es also, in Anbetracht der negativen Prognosen, recht gut. Sie halten sich als funktionierende Alternative zum Bezahlen im digitalen Raum relativ stabil, es empfiehlt sich demnach apokalyptische Prophezeiungen zum drohenden Untergang stets mit einer gesunden Portion Skepsis zu betrachten.

Hannes Stiebitzhofer, Unternehmer aus Wien meint dazu: „Bitcoin ist eine von vielen, auch von staatlichen Institutionen, akzeptierte Währung mit großem Zukunftspotential. Aber sie ist auch noch sehr jung, die damit verbundene Volatilität erzeugt bei vielen Unsicherheit und damit den Eindruck, dass alles nur Abzocke ist. Bei vielen, der in den letzten Jahren kreierten Altcoins – also Bitcoin sehr ähnlichen digitalen Währungen – wird das wohl öfters der Fall sein.“ Die Zukunft von Bitcoins sieht Stiebitzhofer generell recht optimistisch, ist aber skeptisch, ob nicht die an Bitcoin gestellten Erwartungen überzogen sind: „Persönlich glaube ich, dass die im Zuge von Bitcoin entwickelten Technologien wie die Blockchain viel größeres Potential haben – ich kenne viele sehr große Institutionen, die damit experimentieren und zum Teil massiv investieren.“ Sein Eindruck zum Status Quo hierzulande: „Viele in Österreich sind vorne dabei. Die Behörden und großen Unternehmen gehören allerdings nicht dazu, die tun sich immens schwer damit.“

Wie sieht nun der typische Bitcoin User aus? „In den frühen Tagen von Bitcoin war das einfach zu beantworten“, meint Johannes Grill. „Informatiker, männlich, um die 30. Heute sind die User eine bunte Mischung, wobei Leute aus der IT-Branche wohl immer noch eine relative Mehrheit sind. Anfragen und Kontakte von Unternehmen werden häufiger.“ Und das Interesse scheint zu steigen. „Manche Händler bieten Rabatte an, wenn Kunden mit Bitcoin zahlen. Für den Händler fallen fast keine Gebühren an und Risiken wie Kreditkartenbetrug sind ausgeschlossen. Ich persönlich habe zuletzt in einem Grazer Einkaufszentrum eine Geflügelschere mit Bitcoin bezahlt.“ so Grill.

Wie geht es mit Bitcoin weiter?

Auch Johannes Grill sieht die Zukunft von Bitcoin optimistisch: „Eine EuGH-Entscheidung vom Oktober 2015 sorgt nun USt-rechtlich für Klarheit. Das hilft insbesondere Unternehmen Bitcoin zu nutzen und wird in der ganzen EU die Verbreitung fördern. Auch die Kursentwicklung wird spannend. Denn im Juli 2016 wird die Menge der neu entstehenden Bitcoins halbiert. Einmal gab es das bereits im November 2012, damals mit deutlichem Kursanstieg. Bisher ist etwa 1 Milliarde Dollar an Risikokapital in Bitcoin-Startups geflossen, davon allein 500 Mio. im Jahr 2015. Das entspricht etwa dem, was im Jahr 1995 in „Internet-Firmen“ investiert wurde. Parallel entdecken nun langsam auch die etablierten Finanzkonzerne Bitcoin für sich. Das Potential ist also gewaltig.“

Die oben eingeforderte Portion Skepsis gilt es trotz allem auch auf die positiven Zukunftsszenarien im Zusammenhang mit Bitcoin anzuwenden. Dabei spielen Vernunft und Verantwortung eine große Rolle. So sollte man im Hinterkopf behalten, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist. Ein Betrug bleibt auch im digitalen Raum ein Betrug und wird dementsprechend geahndet. Wer sich illegale Waren mit Bitcoins beschaffen will, muss auch einkalkulieren, dabei erwischt und bestraft zu werden.

Dasselbe gilt für die Frage, wie und wo man seine virtuelles Geld investiert. Wer mit Bitcoin spekulieren möchte, muss, wie bei jedem riskanten Spekulationsgeschäft davon ausgehen, sein investiertes Vermögen zur Gänze verlieren zu können.

Letztlich sollte man sich, so wie mit jeder anderen Bezahlfunktion im Web, über die Bonität und Vertrauenswürdigkeit der Verkäufer informieren. All das sind Handlungsempfehlungen, die auch im Umgang mit akzeptieren Währungen gelten. Wer sich also seine digitale Geldbörse mit Bitcoin füllen möchte, dem stehen in Österreich bereits einige Türen offen.

Wer schließlich sorgsam prüft, wofür er seine digitalen Münzen verwendet und wem er sie anvertraut, der wird vielleicht eine praktikable neue Zahlungsart entdecken.

Johannes Grill rät zu Folgendem: „Neben der Theorie empfehle ich Bitcoin einfach mal auszuprobieren! Falls du ein Smartphone hast, einfach eine der kostenlosen Wallet-Apps installieren (Android: Mycelium, IPhone: breadwallet bzw. am Computer MultiBit).“ Damit hält es auch Hannes Stiebitzhofer. Auf die Frage, ob er selber Bitcoins verwendet, meint er: „Ja sicher verwende ich Bitcoins! Der praktische Nutzen im Alltag hält sich in Grenzen, aber zum Lernen und Experimentieren braucht man ein paar Satoshi. Ich empfehle jedem der sich dafür interessiert, es mal einfach auszuprobieren. Einfach, spannend und lehrreich.“

Das habe ich dann auch gemacht. Schließlich bin ich selbst eine überzeugte Anhängerin der Empirie. Die von Johannes Grill freundlicherweise überwiesenen Starterbitcoins habe ich nach seinem Vorschlag einem karitativen Zweck zukommen lassen.

Quellen:

Digitale Währungen – Trend oder Gefahrenquelle (Iwona Laub, Leitfaden.werdedigital.at)

EuGH: Bitcoin-Umtausch Mehrwertsteuerfrei (derstandard.at)

Keine Mehrwertsteuer auf Bitcoin-Transaktionen (golem.de)

Warum Bitcoins nichts für Verbrecher sind (handelsblatt.com)

Wo kann man in Österreich bitcoins einlösen (Reddit.com)

Österreich: Bitcoin-Handel ohne Banklizenz erlaubt (futurezone.at)